Sardinien ist nach Sizilien die zweitgrösste Insel im Mittelmeer. Spektakuläre Küsten, einsame Strände, türkisblaues Wasser und eine bombastische Landschaft, so kennt man Sardinien aus Familienurlauben oder von Erzählungen. Dass die Insel aber auch einmalige Bike Trails zu bieten hat, wissen bisher nur wenige. Unsere Recherche fiel daher auch entsprechend mager aus. Aktuelle und relevante Berichte über Biken auf Sardinien sind nicht vorhanden. Umso mehr ein Grund, dass wir uns die Trauminsel einmal genauer mit unseren Bikes ansehen.

Sardinien Bike Trails
Ohne Tipps und Empfehlungen war es gar nicht so einfach die richtige Anlaufstelle vor Ort zu finden. In einigen Foren lesen wir, dass der Osten einige gute Trails zu bieten hat. Zufällig stossen wir auf Roberto, der die Sardinian Enduro Challenge organisiert. Das Rennen stand kurz bevor und neue Trails standen ebenso bereit. Der perfekte Zeitpunkt für uns die Insel zu besuchen und dank Roberto waren wir in der Lage in acht Tagen das beste aus der Zeit zu holen und die besten Trails der Insel kennenzulernen. Unser Biketrip führt von Olbia nach Santa Maria Navarrese, dann ins Landesinnere nach Gavoi, Ovodda und Nuoro. Die letzten zwei Tage verbringen wir noch in Olbia, bevor es wieder heimwärts geht. Was wir erlebt haben und warum ihr unbedingt auf Sardinien Biken gehen müsst lest ihr hier.

Mit dem Bike nach Sardinien reisen
Sardinien erreicht man über verschiedene Wege. Entweder mit dem Auto nach Genua und dann geht es mit der Nachtfähre auf die Insel. Dies empfehlen wir aber nur denjenigen, die ihr Auto mit auf die Insel bringen möchten (eher Bus/Van, wenn man auch darin übernachtet), denn Preis-Leistung ist zum Beispiel mit der Fluggesellschaft Edelweiss ab Zürich definitiv besser. Für knapp 200 CHF (Hin- und Rückflug) ist man samt Bike auf der Insel. Die Edelweiss Air ist von Zürich aus in 1.5 Stunden vor Ort. Und es werden nach wie vor kostenlos Fahrräder transportiert.
Am Flughafen Olbia angekommen holen wir unsere Mietwagen ab. Da wir dieses Mal zu dritt unterwegs sind, setzen wir auf 2 Kombis, damit die Bikebags inklusive Gepäck transportiert werden kann. Der Flughafen in Olbia ist recht klein, aber Mietwagen-Angebote gibt es ausreichend. Es empfiehlt sich jedoch frühzeitig einen Mietwagen zu buchen.
Mit dem Auto kommen wir wunderbar von A nach B, da die Strassen gut ausgebaut sind und über die ganze Insel auch Autobahnen führen. Auf dem Land geht es dann schon mal kurviger zu, aber auch das stellt kein Problem dar. Empfehlen würden wir jedoch die Route bei GoogleMaps im Vorfeld immer kurz zu checken und dann die Strassen mit weniger Kurven zu wählen, auch wenn es ein paar Kilometer länger ist. Denn es kann sonst auch mal einspurig ziemlich eng, steil und kurvig werden.
Die besten Bike-Spots auf der Insel
Nachdem uns Roberto netterweise mit den besten Tipps versorgt hat, wussten wir welche Location wir ansteuern müssen. Die Planung stand recht schnell und so haben wir uns hauptsächlich an den Trails der Sardinian Enduro Challenge orientiert.
Santa Maria Navarrese
Unser erster Stopp ist Santa Maria Navarrese und das Albergo Santa Maria. Wir checken spätabends ein und werden immer noch freundlich empfangen. Die Bikes finden einen schönen und sicheren Platz im Bike-Keller, der riesig ist. Unser Apartment kann sich sehen lassen: Sehr schöne Schlafzimmer, moderne Badezimmer und ein sagenhafter Blick auf das Meer und die Umgebung. Auch das Personal ist extrem herzlich und freut sich Biker im Haus zu haben. Die Unterkunft ist bestens für Biker geeignet, da sie sehr zentral liegt und sämtliche Annehmlichkeiten zu bieten hat, wie Bikewaschmöglichkeit, einen grossen Parkplatz, viel Platz für Reparaturen am Bike und hervorragendes Essen (auch das Frühstück war sehr gut, was man in Italien ja betonen muss). Für uns also die ideale Ausgangslage für unsere kommenden Biketouren.


Santa Maria Navarrese
Die nächsten zwei Tage erkunden wir die Trails rund um Santa Maria Navarrese.
Und das mit Hilfe von Locals: Luigi und Claudio. Der ersten Tag startet schon mal ganz nach unserem Gusto, denn wir werden mit einem Pickup nach Baunei gebracht, um die ersten 1000 Höhenmeter zu sparen. Denn wir müssen vorweg nehmen: Auf Sardinien stehen Uphill-Passagen auf dem Programm.


Oben in Baunei angekommen staunen wir nicht schlecht über die wilde und alpine Landschaft, die uns umgibt. Wir fahren ein paar geniale Trails rund um den Monte Oro und den Monte Scoine. Dabei sind felsige Passagen und viele lose Steine keine Seltenheit. Schnell haben wir uns an den Untergrund gewöhnt und finden den Flow. Das Sahnehäubchen gibt es dann on top indem wir einen genialen Trail am Hang entlang Richtung Meer düsen. Dabei können wir uns nicht satt sehen und halten immer wieder für Fotos an. Schliesslich endet der Trail in Santa Maria Navarrese und wir geniessen den Lunch direkt am Meer. Besser hätten wir nicht starten können!


Bike-Tagestour von Baunei zum Meer
Claudio ist so nett und schlägt uns eine Tour für den nächsten Tag vor. Von Baunei aus geht es nach Cala Sisine bis ans Meer. Auf dem Weg gibt es knackige Uphill-Sektionen und nette Trail-Passagen.

Direkt nach Cala Sisine geht es auf dem letzten Stück durch eine flowige Waldpassage, die endlos scheint, bis es dann auf felsigen Passagen mit losen Steinen mündet. Der Trail hat es in sich und Technik ist gefordert.




Voller Adrenalin landen wir am Strand und freuen uns über eine Stärkung und ein gekühltes Getränk im Restaurant. Dass 800 Höhenmeter Uphill noch vor uns liegen versuchen wir zu verdrängen, aber es ist die Realität. Am Ende vom Tag verzeichnen wir 1’600 Höhenmeter Uphill und Downhill auf anspruchsvollem Terrain sowie 60 Kilometer. Eine lange aber epische Tour geht zu Ende.
Das Bier haben wir uns heute mehr als verdient.

Lanusei
Den Sonntag lassen wir etwas ruhiger angehen und fahren nach Lanusei zum Renntraining für die Sardinian Enduro Challenge. Die Jungs lassen sich mit einem alten LKW shuttlen, was uns zugute kommt. Da schliessen wir uns gerne an. Bergab geht es über genial gebaute Trails, mal flowig, mal technisch, mal über Offcamber Sektionen. Auf jeden Fall sind die Locals schnell! Die nächste Generation steht auf Sardinien bereit. ;)

Roberto zeigt uns mit seinen Freunden die Trails und lädt uns anschliessend zu einem typisch Sardischen Mahl ein. Es gibt Culurgiones und Sebadas, dazu natürlich leckeren Wein und als Abschluss den berühmten Mirto Likör. Gastfreundschaft ist auf Sardinien gross geschrieben. Von Freunden für Freunde lautet die Devise und das können wir spüren.
Kulinarik auf Sardinien:
Gavoi
Nach einem Erholungstag am Montag freuen wir uns das Landesinnere kennenzulernen. Dafür fahren wir knapp 1.5 Stunden Richtung Westen. Wir stellen bereits bei der Hinfahrt fest, dass das Zentrum von Sardinien viel wilder und grüner ist. Angekommen im Hotel Taloro in Gavoi geniessen wir erst einmal den traumhaften Blick auf den Lago die Gusana und checken dann in unsere Zimmer ein. Das Hotel ist eine gute Unterkunft für Biker, denn auch der Hotelbesitzer Giuseppe ist leidenschaftlicher Biker. Er wird uns die kommenden Tage seine Hometrails zeigen. Wie könnte es besser sein?

Gavoi ist eine kleine Stadt in der Barbagia, dem zentralen Bergland der Insel. Es hat ein sehr schönes historisches Zentrum inklusive Blick auf die Berge. Das Gennargentu-Massiv reicht mit seinem höchsten Gipfel – dem Punta la Marmora – auf 1834 Meter Höhe. Die Südhänge des Massivs sind noch von grossen Wäldern bedeckt, die sich natürlich wunderbar zum Biken eignen. Von Gavoi aus werden wir mit einem Pickup von Bikin’Gavoi einige Höhenmeter hinauf gebracht. Der Verein Bikin’Gavoi organisiert verschiedene Rennen und Bike Enduro Tage. Die Bike Community ist im Zentrum von Sardinien wirklich nicht zu unterschätzen.


Die Trails rund um Gavoi sind technisch und flowig zugleich. Ein geniales Terrain auf Sandboden und Granit, um das Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Das ist zumindest bei uns der Fall. Die Jungs geben sich grosse Mühe und es ist zu spüren wie stolz sie auf ihre Heimat und ihre Hometrails sind. Kein Wunder, da können sich andere Inseln und ihre Bewohner eine Scheibe von abschneiden. Trails wie „Into The Wild“ machen ihren Namen alle Ehre. Wer hätte gedacht, dass Sardinien so geile Trails zu bieten hat?



Ovodda
Von Ovodda haben wir ein wenig gelesen. Ausserdem bietet Ovodda einige Stages der Enduro Rennen, die auf Sardinien stattfinden. Von Offcamber Trails bis über Slickrocks und verblockten Passagen ist alles dabei. Hier wird jeder sein Freud und am Anfang vielleicht auch Leid finden, zumindest bei der ersten „Blindfahrt“. Wir sehen es als kleine Challenge und die meisten Passagen sind gut zu meistern, wenn die Line klar ist. Der „Orhole“ Trail ist sicher nicht für jedermann, aber Biker, die sich ins nächste Level pushen möchten, definitiv ein Must-Do.




Monte Ortobene in Nuoro
Die Provinzhauptstadt Nuoro liegt am Fusse des 955 m hohem Monte Ortobene. Eigentlich stand dieser Ort gar nicht auf unserer Liste aber nachdem uns Giovanni, ein Local und Freund von Gisueppe, seine selbst gebauten Trails schmackhaft gemacht hat, mussten wir das natürlich auch noch sehen.

Nuoro ist auf Anhieb kein schöner Ort, da sich an den Hängen der Stadt zahlreiche Betonburgen aus den letzten Jahrzehnten aufgebaut haben. Dennoch hat die Stadt ihren Charme. Und wenn man diesen Hausberg vor der Tür hat, kann es gar nicht so schlimm sein. Die handgemachten Trails von Giovanni sind einfach nur genial. Endlos scheinende flowige Passagen schlängeln sich am Hang vom Monte Ortobene entlang. Um zum Einstieg zu gelangen, geht es entspannt über die Strasse hinauf. Wer es fordernder mag, der tritt auch gerne mal die Singletrails hinauf. Quasi Südafrika-Style, perfektes Training und macht natürlich auch mehr Spass als auf der Strasse.

Nachdem wir uns wie auf einem Spielplatz auf den Trails, ausgetobt haben gibt es leckere Burger und Gelato in Nuoro. Ein perfekter Biketag!

Auf dem Dach der Inselwelt: Gennargentu-Massiv
Der Punta la Marmora ist der höchste Berg von Sardinien, auf dem man im Winter sogar Skifahren kann. Giuseppe hat für uns einen tollen Tag geplant, inklusive Uplift, fast bis zum Gipfel. Die letzten paar Höhenmeter treten wir hinauf und freuen uns schon auf den Blick, der uns oben erwartet. Vom Punta la Marmora sieht man bis ans Meer und auf die komplette Inselwelt. Am frühen Morgen geniessen wir die Ruhe und Natur bevor es bergab geht.

Der Trail ist so alpin wie einige Trails in der Schweiz und schlängelt sich am Hang entlang, bis wir auf einer Strasse landen. Weiter geht es hoch und runter über traumhafte Wiesen und perfekte Trails, die uns zurück nach Ovodda bringen. An der Strasse geht es zurück zu unserer Unterkunft.


Kulturschock in Olbia
Wir sind noch dabei die fantastischen Trails der letzten Tage zu reflektieren, als wir uns schon auf dem Rückweg nach Olbia befinden. Hier werden wir unsere zwei verbleibenden Tage verbringen. Dazu checken wir in einem Airbnb in Porto Rotondo ein. Das kleine aber feine Örtchen gehört zu den angesagten Plätzen der Costa Smeralda auf Sardinien. Die Schönen und Reichen verweilen hier gerne am Hafen oder auf ihrer Yacht auf dem Meer. Und wir mitten drin. Der erste Abend wirkt wie ein Kulturschock nach dem wilden Landesinneren. Gefallen finden wir schon an dem (zwar etwas überteuerten) Aperol Spritz im Hafen mit Blick auf die millionenschwere Yachten bei Sonnenuntergang, aber es ist schon faszinierend wie viele Seiten Sardinien hat.

Monte Pino
Am nächsten Morgen begeben wir uns erstmals allein, also ohne Local, auf Erkundungstour. Dieses Mal geht es zum Monte Pino, dem bekannten „Hausberg“ von Olbia. Hier soll es gute Trails geben und ausgestattet mit den passenden GPS-Daten machen wir uns auf den Weg. Die Strasse zum Monte Pino ist gesperrt und wir müssen uns erst einmal zurechtfinden. Nicht ganz einfach bei 35 Grad im Schatten. Aber letztlich finden wir die Trails und sind begeistert. Von alten Downhillstrecken bis hin zu flowigen Passagen im Wald hat der Berg einiges zu bieten. Insbesondere die Landschaft und der Ausblick sind einmalig.

Spektakuläre Felsformationen und Meerblick ist nur ein Beispiel von vielen, was die Kulisse samt Trails perfekt macht. Allerdings sind die Uphill-Passagen nicht ohne, vor allem bei den Temperaturen. Nach knapp 1000 Höhenmeter Uphill reicht es uns dann und wir können es kaum erwarten endlich ins Meer zu springen.


Fazit Biken auf Sardinien
Sardinien hat die schönsten Strände und eine grandiose Natur zu bieten. Das in Kombination mit der Trailvielfalt und der Bikeurlaub ist perfekt. Wir können wirklich sagen, dass Sardinien uns extrem positiv überrascht sind. Man muss dazu sagen, dass unsere Erwartungshaltung neutral war, nachdem wir im Vorfeld keine Informationen gefunden haben. Aber auf der anderen Seite hat es uns darin bestärkt, neue unentdeckte Gebiete zu besuchen und zu erkunden. Und wieder einmal hat uns gezeigt, dass die Locals die besten Ansprechpartner vor Ort sind und nichts lieber tun, als ihr Herzstück zu zeigen. Insbesondere auf Sardinien gibt es ganz viele tolle und liebenswerte Menschen, die sich mit viel Herzblut für ihre Leidenschaft einsetzen und andere daran teilhaben lassen möchten. Wir möchten allen Locals von Herzen für die tolle Zeit danken!

Weitere Informationen zu den Unterkünften findet ihr hier
Santa Maria Navarrese Albergo Santamaria
Hotel Taloro in Gavoi
Wir empfehlen euch mit Locals unterwegs zu sein, denn alleine schon die Logistik ist nicht zu unterschätzen. Es gibt keine Wegmarkierungen und die GPS-Daten sind nicht immer genau.
Informationen zu den Bike-Organisationen: